Traumatherapie: Wer behandelt Trauma und Traumafolgestörungen?
„Geh doch mal zum Psychologen und sprich darüber!“. Hast du diesen Satz auch schon mal gehört oder vielleicht sogar selbst gesagt? Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es jedenfalls üblich, zum Psychologen zu gehen, wenn man eigentlich den Psychotherapeuten meint. Warum die Begrifflichkeiten so oft falsch verwendet werden und was der Unterschied zwischen Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen und Psychiater:innen ist, erkläre ich in diesem Beitrag.
Außerdem erfährst du, wer überhaupt ein Trauma bzw. Traumafolgestörungen wie z.B. eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) behandelt und vor allem mit welchen Methoden.
Bereit für ein bisschen knochentrockene, langweilige Theorie? Dann let‘s go!
Psycholog:innen
Psycholog:innen sind Menschen, die an einer Universität (selten auch FH) Psychologie studiert haben und mindestens über ein Diplom oder einen Master in Psychologie verfügen. Psycholog:innen dürfen weder diagnostizieren noch therapieren. Sie verfügen über keine Heilerlaubnis und zumeist auch nicht über ausreichende Kompetenz zur Behandlung psychischer Störungen. Typische Berufsfelder für Psycholog:innen sind Forschung, Personalwesen oder Marketing. Manche arbeiten jedoch auch im psychologischen Bereich, z.B. angestellt in einer Klinik oder selbstständig als Coach.
Da Psycholog:innen nicht zur Therapie befugt sind, können diese höchstens unterstützend und therapiebegleitend im Rahmen von Coaching mit Traumatisierten arbeiten.
Psychologische Psychotherapeut:innen
Psychologische Psychotherapeut:innen sind Psycholog:innen, die zusätzlich eine ca. 3-jährige Therapieausbildung in einem Richtlinienverfahren absolviert haben.
Zu den Richtlinienverfahren zählen Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und seit 2022 auch systemische Therapie.
Psychologische Psychotherapeuten behandeln nur mit Hilfe von psychotherapeutischer Intervention, also in erster Linie Gesprächstherapie. Darüber hinaus integrieren viele aber auch andere Methoden wie z.B. Hypnose oder EMDR.
Sie dürfen weder Medikamente verordnen noch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen („Gelber Schein“) ausstellen.
Merke: Die meisten Psychotherapeut:innen sind zwar Psycholog:innen, aber nicht jede Psychologin ist auch Psychotherapeutin.
Ärztliche Psychotherapeut:innen
Seltener gibt es auch ärztliche Psychotherapeut:innen. Diese verfügen über ein abgeschlossenes Medizinstudium und haben zusätzlich ebenfalls eine Therapieausbildung in einem Richtlinienverfahren durchlaufen ODER eine Facharztausbildung im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie oder Psychiatrische Medizin und Psychiatrie.
Das Behandlungsspektrum von Psychiater:innen umfasst sowohl Gesprächstherapie als auch medikamentöse Therapie, also die Verordnung von Psychopharmaka wie z.B. Antidepressiva. Psychiater:innen sind außerdem befugt, Patienten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszustellen.
Psychiater:innen
Psychiater:innen durchlaufen in der heutigen Zeit ähnlich wie die ärztlichen Psychotherapeut:innen zunächst ein Medizinstudium und dann eine Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Wie der Name schon sagt, sind sie also grundsätzlich sowohl für die psychotherapeutische als auch für die medikamentöse Therapie ausgebildet. Da sich ihre Ausbildung grundsätzlich aber eher auf organische Behandlung fokussiert, arbeiten die meisten Psychiater:innen auch überwiegend medikamentös und bieten keine Gesprächstherapie an.
Heilpraktiker:innen für Psychotherapie
Psychotherapeutische Heilpraktiker:innen müssen rein formal lediglich eine Überprüfung beim Gesundheitsamt ablegen. Für ihre sonstige Aus- und Weiterbildung gibt es keinerlei (einheitliche) gesetzliche Auflagen. Sie können also völlig frei entscheiden welche Therapieverfahren und Methoden sie erlernen und anwenden. Das birgt sowohl ein hohes Risiko als auch vielen Chancen für die Behandlung von Traumatisierten. In meinem Blogpost „Warum Heilpraktiker:innen für Psychotherapie die besseren Traumatherapeut:innen sind“ gehe ich näher darauf ein.
Traumatherapeut:innen
Während die Bezeichnung aller bisher genannten Berufsgruppen geschützt sind, ist das beim Begriff „Traumatherapeut:in“ oder auch „Traumatherapie“ NICHT der Fall. Das bedeutet, dass sich im Prinzip jeder so nennen kann, weil man dafür keine speziellen Voraussetzungen erfüllen muss. Das wiederum hat zur Folge, dass die Antwort auf die Frage “Wer darf Traumatherapie anbieten?” lautet, dass das jeder unabhängig von Ausbildung und Vorkenntnissen tun kann.
In der Praxis verwenden diese Bezeichnung aber meistens Angehörige aller der oben genannten Berufsgruppen, die sich auf dem Gebiet der Traumatherapie oder Psychotraumatologie spezifisch weitergebildet haben (z.B. in Form von EMDR, Somatic Experiencing oder Psychodynamisch-imaginative Traumatherapie) und so spezifisch Trauma-Betroffene als Patient:innen ansprechen wollen.
Auf Narzissmusnarben.de verwende ich die Begriffe trotz fehlendem Schutz gern und bevorzugt, da ich die Meinung vertrete, dass Traumatisierte am besten damit fahren, trauma-informierte Behandler:innen aufzusuchen. Ich halte zwar nicht jeden, der sich Traumatherapie auf die Fahnen schreibt, auch für trauma-informiert, aber es ist zumindest ein Anhaltspunkt, bei dem es sich lohnt, genauer hinzuschauen.