Mutterwunde

WIE SIE ENTSTEHT UND WELCHE FOLGEN SIE HAT

Mutterwunde Logo | Narzisstische Mutter Tochter

Die Beziehung zu unserer Mutter ist nicht nur die erste die wir erfahren sondern in der Regel auch die, die uns am meisten prägt und deren Folgen, positiv wie negativ, uns bis heute begleiten. Nicht jeder hat das Glück, mit einer liebevollen Mutter und in einer sicheren Umgebung aufzuwachsen, sondern vielen wird von der Person, die uns eigentlich vor Gefahren schützen soll, unbewusst oder bewusst großer Schaden zugefügt: Eine sogenannte Mutterwunde. 

Hier erfährst du wie sie entsteht, welche Folgen sie hat und auch wie man sie verhindern kann.

Was ist die Mutterwunde?

Die Mutterwunde, englisch “Mother Wound”, ist eine frühe Bindungsverletzung, die sehr viele Frauen und zum Teil auch Männer in sich tragen. Sie geht darauf zurück, dass wir in unserer Kindheit von unserer Mutter nicht das bekommen haben, was wir gebraucht hätten. Dabei geht es primär um fehlende energetische Zuwendung und Bemutterung wie z.B. Gesehen Werden, Anerkennung, Beachtung, Sicherheit und Liebe. Vereinfacht gesagt ist die Mutterwunde die Lücke zwischen dem, was du von deiner Mutter gebraucht hättest und was du tatsächlich bekommen hast.

Die Mutterwunde in der Psychologie

Während eine Mutterwunde keine psychiatrische Diagnose im engeren Sinne ist, ist sie letztlich nichts anderes als das, was wir in der Psychologie Entwicklungstrauma nennen. Ein Entwicklungstrauma und damit auch eine Mutterwunde ist per se noch keine Störung mit Krankheitswert, kann sich aber zu einer solchen ausbilden. Z.B. in Form von

  • Angststörungen
  • Depressionen
  • Essstörungen
  • Zwangsstörungen
  • Persönlichkeitsstörungen wie Borderline
  • komplexen Traumafolgestörung / Posttraumatischen Belastungsstörung.

Inhalte

Wie entsteht die Mutterwunde?

Eine Mutterwunde ist die Weitergabe der Traumata deiner Mutter an dich und somit die Internalisierung ihrer Traumata. Sie entsteht hierbei nicht nur dadurch was die Mutter tut, sondern häufig auch dadurch was sie nicht tut.

„Du kannst andere nur so weit führen, wie du selbst gegangen bist“ lautet ein Sprichwort. Wenn deine Mutter also selbst ein schlechtes Selbstwertgefühl hat und sich schlecht regulieren oder keine Grenzen setzen kann, war sie auch nicht in der Lage gewesen, dir all das beizubringen.

Nicht in jedem Fall wird eine Mutterwunde willentlich herbeigeführt, sondern meistens ist sie das Produkt der eigenen Probleme deiner Mutter. So hat auch sie oft nicht das von ihrer Mutter bekommen, was sie gebraucht hätte und trägt ihrerseits selbst eine klaffende Mutterwunde in sich. In manchen Fällen steht auch Boshaftigkeit, körperliche und psychische Misshandlung und Vernachlässigung im Raum die ein für eine Mutterwunde übliches Maß überschreitet. Jedoch sind auch diese Fälle immer auf eigene unverarbeitete Traumata und psychische Erkrankungen der Mutter zurückzuführen. 

Arten von Müttern, die häufig zu einer Mutterwunde führen

Im Folgenden findest du die häufigsten Typen an Müttern, die eine Mutterwunde verursachen.

Emotional nicht verfügbare Mutter

Eine große Mehrheit der Mutterwunden entsteht durch emotional nicht verfügbare Mütter. Diese Mütter kümmern sich gut um das leibliche Wohl ihrer Kinder und sind ihnen gegenüber auch positiv gestimmt. Und doch gibt es keine oder nicht die tiefe Verbindung, Liebe, Sicherheit und Aufmerksamkeit die das Kind braucht, um gesund aufwachsen zu können. Obwohl die Mutter das Kind nicht vernachlässigt oder misshandelt gibt es eine große emotionale Distanz zwischen ihr und dem Kind.

Abwesende Mutter

Während die emotional nicht verfügbare Mutter physisch für ihr Kind immer erreichbar ist, ist die abwesende Mutter auch körperlich oft nicht für ihr Kind da. Schon als Baby oder Kleinkind wird es oft über längere Zeiträume allein im Zimmer gelassen. Später ist es sehr früh komplett auf sich allein gestellt und es gibt wenig Fürsorge, auch auf physischer Ebene. Ab einem gewissen Grad kann man hier wahrscheinlich bereits von deutlicher Vernachlässigung sprechen.

Überbehütende / Helikopter-Mutter

Der Gegenpart zu den ersten beiden Muttertypen ist die überbehütende oder auch Helikopter-Mutter. Sie war stets und ständig in deiner Nähe, hat dich nichts alleine machen oder ausprobieren lassen und wollte dich vor allen Gefahren des Lebens beschützen. Dabei war ihr Verhalten häufig grenzüberschreitend und insbesondere mit zunehmendem Alter und in der Pubertät hatte sie enorme Schwierigkeiten, deine Grenzen und Privatsphäre zu akzeptieren. Du konntest dich nicht frei entwickeln, hattest wenig Freiräume und konntest dich nicht ausprobieren.

Überkritische Mutter

Der überkritischen Mutter kann man es als Kind nicht recht machen. Egal was man tut und wie sehr man sich anstrengt, es ist immer falsch.
Kritik steht an der Tagesordnung und zwar oft unter dem Deckmantel, sie wolle ja nur das beste für dich und dich auf “die Welt draußen” vorbereiten. Die Realität ist jedoch meistens, dass die Welt deutlich weniger grausam ist, als deine Mutter.

Häufig bringen überkritische Mütter Perfektionist:innen oder Over-Achiever zutage, die durch ihre herausragende Leistung versuchen, die Kritik ihrer Mutter endlich zum Verstummen zu bringen und diese zufriedenzustellen. Natürlich führt dieses Vorhaben nie zum Erfolg. Mir ist z.B. ein Fall bekannt, indem die Tochter einer überkritischen Mutter sogar in ihrem Fach promoviert und dafür einige Auszeichnungen erhalten hat. Von der Mutter gab es dafür kein Lob sondern nur die Anmerkung, dass ein Doktortitel in einem anderen Fachgebiet ja mehr wert gewesen wäre.

Konkurrierende Mutter

Eng verwandt mit der überkritischen Mutter ist die konkurrierende Mutter, für die alles im Leben ein Wettbewerb ist, den selbstverständlich nur sie gewinnt. Egal ob es um Schönheit, Schlauheit, Schulnoten, Ausbildung oder die Aufmerksamkeit von Männern – sogar von deinem Vater – geht: SIe geht sofort mit dir in Konkurrenz und macht dir klar, dass du keine Chance gegen sie hast.

Überforderte oder hilflose Mutter

Überforderte Mütter finden sich nicht in ihre Rolle ein und werden den Anforderungen an sie als Mutter nicht gerecht, z.B. weil sie krank oder nicht dazu imstande sind, Verantwortung zu übernehmen. Diese Dynamik führt meist zur sogenannten Parentifizierung, einem Rollentausch, bei dem das Kind die Rolle der Mutter einnimmt und die Verantwortung für sie übernimmt.

Leistungsorientierte Mutter

Leistungsorientierte Mütter lieben ihre Kinder nicht um ihrer selbst willen sondern nur für ihre Leistungen. Lob und Anerkennung gab es also höchstens dann, wenn du etwas erfüllt hast, was in ihren Augen erstrebenswert war. Sei es gute Noten, ein adrettes Erscheinungsbild oder etwas anderes, was ihre Reputation positiv beeinflusst hat. “Was sollen die Leute denken” ist der Leitgedanke der leistungsorientierten Mutter und der, nach dem sie ihr gesamtes Leben und das ihrer Familie ausrichtet.

Autoritäre Mutter

Bedürfnisorientierte Erziehung ist ein Erziehungsstil, der den meisten in unserer Generation leider nicht zuteil wurde. Stattdessen galt vielfach ein strenges Regiment und Mütter haben einen stark autoritären und auf Gehorsam ausgerichteten Erziehungsstil verfolgt. Deine Gefühle waren irrelevant und deine Meinung nicht gefragt, im Gegenteil. Gefühle zeigen oder Widerworte geben hat nicht selten zu Bestrafung geführt. Nicht selten war der Alltag dieser Kinder von Angst und Hypervigilanz geprägt.

Narzisstische Mutter

Narzisstische Mütter sind der aus meiner Sicht am meisten unterschätzteste Grund für eine Mutterwunde. Es passiert mir sehr oft, dass Klientinnen zu mir kommen und nicht davon ausgehen oder sogar ausschließen, dass ihre Mutter Narzisstin ist. Meistens stellt sich noch während der ersten Sitzung heraus, dass bei ihren Müttern doch sehr deutliche Anzeichen für Narzissmus vorhanden sind. Mütterlicher Narzissmus ist dabei so vielfältig, dass sich hinter jeder bisher genannten Form eine narzisstische Mutter verbergen kann.

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Folgen der Mutterwunde: Psychologische Unterentwicklung

Kindliche Entwicklung gestört: Autonomiephase findet nicht (ausreichend) statt

Fast allen oben genannten Muttertypen ist gemein, dass sie ihre Kinder nicht oder nicht genug spiegeln. Spiegeln bedeutet, das Kind als solches und seine Emotionen, Empfindungen und Bedürfnissen ernst zu nehmen und diese zu validieren. Dadurch sind Kinder in der sogenannten Autonomiephase, umgangssprachlich auch “Trotzphase”, in der Lage, ein Selbstbild zu entwickeln. Die Autonomiephase beginnt meist um das zweite Lebensjahr und geht bis zum fünften Lebensjahr. Es handelt sich also um eine relativ lange und vor allem sehr prägende Zeit in unserem Leben.

Entwicklung des Selbstkonzeptes findet nicht (ausreichend) statt

Während der Autonomiephase entdecken wir, dass wir eine eigenständige Person sind und einen eigenen, von den anderen abweichenden Willen haben. Diese Phase ist für Eltern meist sehr anstrengend, weil das Kind ständig seine Grenzen testet. Das tut es jedoch nicht um zu provozieren, sondern um sein Bild von der Welt zu schärfen und die sozialen Normen besser zu verstehen. 

Sind die Grenzen jedoch nicht vorhanden, weil sie entweder extrem eng oder extrem weit gesteckt sind, kann das Kind diesen Entwicklungsschritt nicht oder nicht ausreichend machen.

People Pleasing schon als Kleinkind: Keine Grenzen, keine eigenen Bedürfnisse, Unterdrückung eigener Gefühle

Die hohe Frustration seitens der Mutter, mit der die Autonomiephase meist einhergeht, bringt People Pleaser Kinder außerdem dazu, die Phase gar nicht erst richtig auszuleben. Um ihre extreme Abhängigkeit von der Mutter wissend, wollen sie diese auf keinen Fall frustrieren und verzichten so darauf, weitere Versuche zu unternehmen, um die Mutter nicht gegen sie aufzubringen. Grenzen Setzen und Nein Sagen, was wichtige Lernschritte sind, wird so nicht ausgebildet und von der Mutter sogar aktiv unterbunden. So lernen diese Kinder, dass sie keinen Anspruch auf eigene Grenzen und Bedürfnisse haben, dass sie nicht Nein sagen dürfen, ihre Gefühle unterdrücken müssen und stattdessen ein “liebes Kind” sein sollen.

Gestörte Entwicklung von Selbstständigkeit, stattdessen erlernte Hilflosigkeit und Abhängigkeit

Auch der Drang, sich auszuprobieren und Dinge selbstständig schaffen zu können, wird von toxischen Müttern nur allzu oft mit einem “Dazu bist du noch zu klein!” oder “Das schaffst du sowieso nicht” unterbunden. So verlieren Kinder schon in sehr frühem Alter ihre Selbstwirksamkeit, geraten in eine erlernte Hilflosigkeit, Opferrolle und in noch mehr Abhängigkeit von der Mutter. Diese Worte und Erfahrungen prägen sich außerdem so sehr ein, dass sie bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben und sich z.B. in Form von Self Gaslighting zeigen. 

Wichtiger Entwicklungsschritt wird verpasst: Abkopplung von der Mutter

Die Folge: Menschen mit Mutterwunde sind häufig psychologisch unterentwickelt und verpassen den wichtigen Entwicklungsschritt der Abkopplung von der Mutter. Sie konnten kein oder kein ausreichendes Selbstkonzept entwickeln und verstehen so auf psychologischer Ebene meist bis ins (hohe) Erwachsenenalter nicht, dass sie keine Einheit mit ihrer Mutter bilden, sondern ein eigenständiger Mensch sind.

Unsichtbare aber einengende Verbindung zur Mutter bis ins Erwachsenenalter

Stattdessen fühlen diese sich auf einengende Weise immer noch eng mit der Mutter verbunden und selbst im Erwachsenenalter für die Gefühle und die Bedürfnisbefriedigung der Mutter verantwortlich. Sie denken noch immer, dass ihr Überleben davon abhängt, dass ihre Mutter ihnen wohlgesonnen ist und tun daher alles in ihrer Macht stehende, um zu vermeiden, dass die Mutter verärgert oder unglücklich ist. Statt ihr eigenes Leben zu leben, leben Menschen mit Mutterwunde häufig das Leben, das ihre Mutter gerne sehen will und erwartet.
Meistens läuft dieser Prozess unbewusst ab und tritt erst in Erscheinung, wenn sich aufgrund der jahrelangen unterdrückung der eigenen Bedürfnisse irgendwann der Körper oder die Seele meldet und das einfordert, was es schon längst bräuchte: Eine Abkopplung von der Mutter und mehr Respekt und Achtung vor den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Lebensträumen.

Auch wenn alle genannten Folgen bereits sehr früh in unserem Leben auftreten ist es wichtig zu wissen, dass diese 1. extrem prägend sind und sich 2. nicht einfach “verwachsen”. Sie bleiben so lange bestehen, bis wir sie aktiv auflösen, was quasi immer erst im Erwachsenenalter der Fall ist. Auch wenn du also schon älter bist, egal ob 25 oder 65: Wenn du diese Themen nicht aktiv angeschaut und deine Persönlichkeit nachgereift hast, trägst du die Folgen deiner Mutterwunde bis heute mit dir herum und bist psychologisch in vielen Bereichen auf dem damaligen Entwicklungsstand stehen geblieben, in dem die Bindungsverletzungen stattgefunden haben.
Wie du gelernt hast, gibt es viele Verhaltensweisen, die zu einer Mutterwunde führen können. Vielleicht fragst du dich jetzt, insbesondere wenn du selbst schon Kinder hast, “Ist eine Mutterwunde überhaupt vermeidbar?”.

Mutterwunde verhindern: Die “Good Enough Mother”

Ja, ist sie. Keine Mutter ist perfekt und niemand macht alles richtig und das ist auch nicht das Ziel oder der Anspruch. Deshalb gibt es das Konzept der “Good Enough Mother”. Dieses besagt, dass Mütter bzw. Eltern nicht perfekt sondern einfach nur “gut genug” sein müssen. “Good Enough Mothers” macht aus, dass sie sich über ihre eigenen Muster und Fehlbarkeiten bewusst sind und aktiv daran arbeiten, diese aufzuarbeiten und nicht auf ihre Kinder zu übertragen. Vor allem aber, dass sie emotional auf ihr Kind eingestellt und in der Lage sind, die Bedürfnisse ihres Kindes zu sehen und auf diese einzugehen und ihnen in jeder Lebenslage emotionale Sicherheit zu bieten. 

Der wichtigste Punkt, den eine “Good Enough Mother” neben der Befriedigung der kindlichen Bedürfnisse erfüllt ist, dass sie ihr Kind in seinen Emotionen begleitet. Als Baby oder Kind sind wir mit diesen oft noch überfordert und brauchen jemanden, der uns dabei hilft, diese zu verstehen und uns durch sie hindurch zu navigieren. Alle Gefühle, auch die “schlechten” wie Wut, Traurigkeit oder Angst, zulassen zu dürfen und zu verstehen, dass sie vorbeigehen und dass wir sie nicht allein durchstehen müssen, ist eine extrem wichtige Lernerfahrung, die unser gesamtes Leben prägt. Diese Erfahrung stärkt unsere Resilienz und Selbstregulationsfähigkeit und hilft uns so, auch im Erwachsenenalter stressige oder sogar traumatische Situationen leichter zu verarbeiten. 

Über die Autorin

Hi, ich bin Karina – somatische Therapeutin und die Gründerin von Mutterwunde. Als Tochter einer narzisstischen Mutter trug ich viele Jahre selbst eine klaffende Mutterwunde in mir, die mir das Leben zur Hölle machte. Zum Glück gehört das heute der Vergangenheit an. Durch Reparenting heile ich meine Mutterwunde und helfe auch anderen dabei, sich von ihrer toxischen Mutter zu lösen und sich und ihr Leben neu zu entdecken. Das willst du auch?

Dann lass uns gemeinsam herausfinden, wie ich dir gerade am besten dabei helfen kann! 

karina leitner

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